Echt, Woche 6 in der Corona-Pandemie

Plötzlich war er da - Freitag, der 13., an dem ich eigentlich noch nie abergläubisch aus dem Haus gegangen bin. Doch plötzlich war es Gewissheit! Dieses Corona-Virus, das wir seit Tagen und Wochen im morgendlichen Frühdienst in der Agentur immer mal wieder diskutiert hatten und das doch noch so weit weg in China kursierte, stand plötzlich auch bei uns in Gütersloh vor der Tür.

„Ab sofort dürfen alle Kollegen von zu Hause arbeiten“, hieß es in der Agentur und für einige Kollegen wurde vorausschauend Kurzarbeit angemeldet. 

Ein Schlag ins Kontor. Denn nicht nur ich musste mir überlegen, was ich aus dem Büro für Unterlagen wirklich für die nächsten Wochen brauchte. Auch mein Mann kam plötzlich mit einer vollen Umzugskiste nach Hause und erklärte, dass er ab sofort im Home-Office arbeitet. Auch die zwei Kinder kamen mit vollen Ranzen aus der Schule, denn alle, wirklich alle Bücher und Mappen sollten ab sofort zu Hause zum Einsatz kommen.

Was? Und jetzt? 

Montag, der 16. März 2020, sollte dann Tag 1 unseres Home-Office und -Schooling-Programms werden. Die große Tochter, inzwischen in der achten Klasse am Gymnasium, ging wie selbstverständlich um Punkt 8 Uhr in ihr Zimmer und startete am eigenen Rechner den Video-Chat mit der Klasse und arrangierte sich mit dem Live-Online-Unterricht. „Wir haben Unterricht nach Stundenplan, sogar der Sportlehrer stellt uns Aufgaben.“

Wie selbstverständlich wurden Präsentationen gebaut und an die Lehrer „hochgeladen“. Und gut, die ersten Problemchen mit der Überlastung des Servers wurden einfach weggeatmet, aber die Stimmung blieb auf konstant gutem Niveau. 

Auch mein Mann nahm sich wie selbstverständlich sein Surface und loggte sich wie gewohnt in „die Firma“ ein. Das Handy klingelte, es wurde freundlich mit Kollegen gewitzelt und die gemeinsamen Projekte wurden besprochen. 

Ich hingegen hatte nicht das Glück, eines der vorhandenen Dienstlaptops zu ergattern, so dass ich meine Mails zunächst über das IPad bearbeitete. Ich wollte meinen Job erledigen und so meinen Kunden und der Firma zur Verfügung stehen. Fragen wurden per Mail beantwortet und auch unser Kundenmagazin zum Abschluss gebracht. In den ersten Tagen gab es noch die ein oder andere offene Baustelle und Dinge mussten geklärt werden. Aber plötzlich war Ruhe: Fast alle Ansprechpartner waren im Home-Office und statt Antworten hagelte es Abwesenheitsnotizen.

„Mama, …“

Was ich allerdings völlig unterschätzte, war das immer wieder laute “Mama, …“! Denn neben mir stand noch unser zehnjähriger Sohn, der schließlich auch beschäftigt werden musste. Nachdem wir am Wochenende schon Testmails seiner Schule über den gesamten Elternverteiler der Klasse erhalten hatten, kamen dann die Arbeitsanweisungen für die Woche eins. Die Schule konzentrierte sich zum Glück „nur“ auf die relevanten Fächer wie Mathe, Deutsch und Englisch. Allerdings hatte ich den Umfang der Aufgaben mehr als unterschätzt. „Wo soll ich denn jetzt sitzen?“, fragte der Junior und: „Mama, kannst du mir helfen, ich verstehe das nicht!“ Und wie sollte ich diese ganzen Arbeitsblätter ausdrucken? Puh, …

Schnell war klar: Hier fehlt ein weiterer Arbeitsplatz

Mein Chef zögerte keine Sekunde und bot den Büro-PC an: Ich fuhr ins Büro und packte meinen Rechner samt Flatscreen ein. Die Erlösung: Auf dem Gartentisch aus dem Keller wurde schnell im Wohnzimmer ein neuer Arbeitsplatz eingerichtet. Endlich hatten wir etwas mehr Ruhe und jeder konnte allein vor einem elektronischen Gerät sitzen und seiner Arbeit nachgehen. „Könnte sich die Situation bitte gerade mal etwas entspannen?“, dachte ich.

Aber die Schule meines Juniors brachte mich täglich an den Rand der Verzweiflung. Wie sollten wir nur die ganzen Aufgaben erledigen? Wie bekam ich das Kind dazu, sich einfach selbst an die Aufgaben zu setzen und bei einem Fehler einfach mal fünfe gerade sein zu lassen? Wir waren doch erst in Woche eins und erst in drei Woche standen die Osterferien vor der Tür. Wie sollte das funktionieren?

Ganz langsam entspannte sich die Situation ein wenig zu Hause und wir fingen an, auch mal die schönen Dinge in der Corona-Zeit zu genießen. Jeden Mittag gemeinsam zu essen, abends eine Runde spazieren zu gehen oder noch mal schnell auf das Fahrrad zu steigen. Diese Zwangspause fing an, uns ein wenig zu entschleunigen. Der Kalender hatte plötzliche keine Termine mehr. Aber es zeigte uns auch sehr deutlich, wie groß der Spagat zwischen Job, Familie, Schule und Haushalt sein kann.

Zeit nehmen, neue Ideen zu entwickeln

Meine Anzeigenkunden schrieben mir plötzlich, dass sie aufgrund der Krise aktuell keine Werbung mehr in unserem Kundenmagazin schalten wollten. Auch die nächsten Großveranstaltungen wurden abgesagt. Einige stehen immer noch auf der Kippe. An Kundenbesuche ist bis auf weiteres nicht zu denken. Wie bekommen wir es hin, gerade trotz der Ausgangsbeschränkungen für unsere Kunden da zu sein und auf ihre Bedürfnisse einzugehen? Ruhe bewahren und sich die nötige Zeit nehmen, neue Ideen zu entwickeln.

Wir sind heute in Woche 6 der Corona-Krise. Ich warte geduldig auf die neue E-Mail mit den Arbeitsanweisungen aus der Schule meines Sohnes und versuche ruhig zu bleiben, dass auch dieses Mal nicht alles perfekt wird.

Und ich versuche auch heute wieder meine Kunden davon zu überzeugen, dass gerade jetzt, in der Krise, das Thema Werbung auf keinen Fall weiter heruntergefahren werden darf. Ich möchte nicht den Kopf in den Sand stecken, denn die Krise geht vorbei – Hauptsache wir bleiben gesund!

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