Kurzflüge belasten Klimabilanz besonders stark

Gut 94.000 Starts von Privatjets im „Business-Segment“ hat Eurocontrol, die Europäische Organisation zur Sicherung der Luftfahrt, im vergangenen Jahr in Deutschland registriert. Das sind so viele wie noch nie. 2019, vor der Pandemie, waren es noch 85.000 Starts

Die Süddeutsche Zeitung und der NDR haben sich die Zahlen im Detail angesehen:

  • Nur jeder zehnte Flug reichte 2022 weiter als 1.000 Kilometer.
  • Bei zwei von drei Flügen (60 Prozent) lagen Start und Ziel nicht einmal 300 km voneinander entfernt.
  • Für Trainingsstunden oder aus medizinischen Gründen, etwa für Organtransporte, kamen nur etwa 15 Prozent der Flieger zum Einsatz.
  • Eine besonders beliebte Strecke: Hamburg – Sylt.

 

Spätestens da wird es haarig, denn Kurzflüge weisen eine besonders desaströse Klimabilanz auf. Und es darf bezweifelt werden, dass alle Trips auf die Insel rein geschäftlicher Natur sind.

Flugzeuge pusten vor allem beim Start eine große Menge an CO2 in die Luft. Je weniger Kilometer danach zurückgelegt werden, desto ungünstiger die Klimabilanz.

Nun ließe sich mit dem Finger auf andere zeigen, denn der Trend zu mehr privaten Business-Trips beschränkt sich nicht auf Deutschland. Weltweit starteten im vergangenen Jahr 5,5 Millionen private Jets und damit gut 697.294 mehr als 2019. (Quelle: WinX Advance)

Außerdem argumentieren Mittelständler in der bundesdeutschen Provinz: Ohne die Möglichkeit, sich schnell in einen privaten Flieger setzen zu können, wäre ihr Unternehmen nicht mehr „auf dem platten Land“ vertreten. In der Tat: Wer hat dort schon Zugang zum Hochgeschwindigkeitsnetz der Bahn? Dieses empfiehlt sich zurzeit mit ihrer Unpünktlichkeit auch nicht als verlässliche Alternative, und Autos stehen regelmäßig im Stau.

Und schließlich haben sich einige kommerzielle Fluggesellschaften während der Pandemie aus der Fläche verabschiedet. Von daher trifft der Hauptgeschäftsführer des Verbands German Business Aviation Association (GBAA), Andreas Mundsinger, einen Nerv, wenn er betont dass viele Manager und Mitarbeitende die kleinen Flieger keineswegs zum Spaß nutzen. „Wir haben die Sorge, dass wir über einen Kamm geschoren werden“, wird er im Handelsblatt zitiert.

Bei Flugverbindungen zwischen Hamburg und Sylt stellt sich dann aber doch die Sinnfrage. Wir reden von circa 180 Kilometern Luftlinie. Auf der Straße und per Bahn fährt man von Hamburg City bis Westerland unerhebliche 50 Kilometer weiter. Mit dem Zug beträgt die Fahrzeit ab Altona 2 Stunden und 59 Minuten.

Hier besteht also noch „Luft nach oben“ zur Verbesserung der Klimabilanz. Ganz einfach, indem man auf dem Boden bleibt. Weitere Möglichkeiten würden direkt ins Portemonnaie greifen: Im Gespräch sind spezielle Steuern, welche die Nutzer zumindest nachdenklich stimmen sollen, oder auch die Pflicht, Emissionsrechte-Zertifikate zu erwerben. - Der Gesetzgeber ist gefragt.

Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben