ÖPNV verstärkt den „Bilbao-Effekt“

Fast immer, wenn wir auf Reisen sind, testen wir den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV). So auch in Bilbao, einer 350.000-Einwohner-Stadt im nordspanischen Baskenland.

Fußballfans denken an Atlético Bilbao und Kulturbeflissene schwärmen vom Guggenheim-Museum. Weniger bekannt ist, dass Bilbaos öffentliches Transportwesen als eines der besten, wenn nicht sogar das beste unter 21 großen spanischen Städten gilt. Zumindest in Sachen Pünktlichkeit und Komfort. Das hat eine Umfrage der „Organisation der Verbraucher und Nutzer“ (OCU) ergeben.

Metros, Trambahnen und Busse harmonieren gut miteinander. Sie alle haben zum „Bilbao-Effekt“ beigetragen. Damit ist die Sogwirkung gemeint, die das Guggenheim-Museum seit seiner Eröffnung im Jahr 1997 auf Touristen aus aller Welt ausübt. Etwa eine Million Besucher kommen pro Jahr in die einstige Industriestadt, die sich zur Kunstmetropole gemausert hat. Ohne einen ausgeklügelten ÖPNV wäre es kaum möglich, diese Menschenmassen zur allseitigen Zufriedenheit hin- und her zu bewegen.

 

Straßenbahnen sind am beliebtesten

Was macht den ÖPNV in Bilbao so reizvoll? Hier einige Eckpunkte:

Absolute Spitzenreiter in der Kundengunst sind die Trams. Sie erreichen 100 von 100 möglichen Punkten.

Mit der Metro mal eben zum 13 Kilometer entfernten Strand? Kein Problem! 1995 wurde die erste von drei Linien eröffnet. Längst gilt die Metro (Kundenbewertung: 86 von 100 Punkten) als das wichtigste Transportmittel für den gesamten Großraum. Sie erschließt die Vororte entlang des Flusses Nervión bis zur Küste und ein Stück weiter entlang der Bucht von Biskaya.

Kunst kommt, wie an vielen Stellen in Bilbao, auch bei der Metro zum Zug: Schon die Eingänge sind postmodern gestaltet, muschelförmig, aus gebogenem Glas. Im Volksmund werden sie „Fosteritos“ genannt, nach dem Star-Architekten Norman Foster, der beispielsweise die Reichstagskuppel in Berlin gestaltet hat. Die „Metro Bilbao Station“ im Süden der Stadt zeigt ebenfalls die Handschrift von Norman Foster und Partner.

 

Höchstens 300 Meter bis zur nächsten Haltestelle

Zusätzlich durchzieht ein ausgeprägtes Busnetz mit zwei großen Anbietern die Stadt und das Umland. 44 Linien und 525 Haltestellen im ganzen Stadtgebiet und fast 16 Millionen Nutzer in 2020: 99,8 Prozent der Bilbainos – also praktisch alle – haben es nicht weiter als maximal 300 Meter bis zur nächsten Haltestelle.

  • „Bilbobus“ verfügt allein schon über 141 Autobusse. 60 Fahrzeuge in der gesamten Flotte sind Hybridfahrzeuge, elf werden vollständig elektrisch betrieben. Und von den Verbrennern nutzen 106 Kraftstoff „BIO 10 %“.
     
  • „Bizkaibus“ sorgt zusätzlich zur Metro und den Zügen im Allgemeinen für die Verbindung in andere Distrikte. Die Busse fahren zum Flughafen, aber auch zu touristischen Highlights in der Region. Bizcaibus nutzt ebenfalls hybrid und elektrisch betriebene Fahrzeuge.

 

Ein überraschender Anblick in der zwischen Hügelketten errichteten Stadt:

Öffentliche Aufzüge. Sie bringen die Menschen bequem in höher gelegene Stadtteile. Erst kürzlich sind drei neue Exemplare hinzugekommen. Ein Gewinn für die Nachbarschaft, in der viele alte Menschen leben. Außerderm führt eine Seilbahn ("Furnicular De Artxanda") hinauf zu einem famosen Aussichtspunkt sowie zu Sport- und Freizeitanlagen im Grünen.

Für alle, die gern spazieren gehen: Auch die Fußgängerzonen in Bilbao können sich sehen lassen. Sie machen ein Fünftel des Straßennetzes aus. Auch in dieser Hinsicht ist Bilbao also Vorreiter in Spanien, noch vor Barcelona und Valencia.

Schlechte Noten erhält dagegen das Radwegenetz. Zwar leben zum Beispiel Verleihstationen in der Nähe des Flusses davon, dass man entspannt zu den Sehenswürdigkeit radeln kann. Insgesamt jedoch sind die Strecken ausbaufähig; Radfahren in Bilbao bedarf einer gewissen Sportlichkeit, um zwischen Autos und Lkw zum Ziel zu gelangen. Den Stadtplanern sei zugute gehalten, dass zumindest in vielen steilen und schmalen Gassen Fahrräder nicht unbedingt das ideale Transportmittel wären.

Obwohl sie etwas weiter von Bilbao entfernt liegt, gehört die Schwebefähre „Puente de Vizcaya“ unbedingt auf unsere „Zufriedenheitsliste“ (wir berichteten in den Sozialen Medien). Sie verbindet die Vororte Portugalete und Getxo miteinander und trägt insgesamt dazu bei, den Großraum zu erschließen. Anwohnern erspart sie einen Umweg von bis zu 20 Kilometern. In nur 90 Sekunden können sie von einer Seite des Flusses Nervión auf die andere wechseln, unmittelbar bevor er in die Bucht von Biskaya mündet. Die Schwebefähre gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. – Ein sehr gutes Beispiel für gelungene Verkehrsplanung, die schon seit über 100 Jahren wirkt.

Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben