Wie lang können Unternehmen noch auf Künstliche Intelligenz (KI) verzichten?

KI-basierte Systeme halten zunehmend Einzug in verschiedene Branchen. Doch viele Unternehmen in Deutschland zögern, sie in ihre Routine einzubeziehen. Dieser Text könnte von einem Algorithmus geschrieben sein. Doch immer noch sitzt hier ein Mensch vor dem Bildschirm.

Als Journalist und als jemand, der sich für die neuen Technologien interessiert, gebe ich zu: Ich habe im Internet nach einigen Synonymen gesucht, um diesen Blogbeitrag sprachlich schöner zu machen. Auch wichtige Zahlen musste ich finden, um das Thema besser einzuordnen. Alles mithilfe einer Internet-Suchmaschine. Das hätte ich aber auch über Chat-GPT oder einen anderen Chatbot machen können. Und selbst wenn der ganze Text von einer KI-Maschine formuliert worden wäre, hätten Sie es vielleicht nicht bemerkt. Fakt ist: Künstliche Intelligenz wird immer perfekter.

Bereits Anfang des vergangenen Jahrzehnts hatten Redakteurinnen und Redakteure Angst davor, von Maschinen ersetzt zu werden. Mittlerweile gehört KI zur Routine von manchen Redaktionen, zumindest bei der Recherche. Viele bleiben dennoch vorsichtig angesichts der mangelnden Verlässlichkeit von Quellen, die über Chatbots zu finden sind.

Associated Press, eine der größten Nachrichtenagenturen der Welt, setzte KI erstmals im Jahr 2014 ein. Durch ein datenbasiertes System ließen sich Meldungen zu Unternehmensgewinnen formulieren. Kein Text wurde veröffentlicht, ohne von menschlichen Journalistinnen und Journalisten geprüft worden zu sein. Die Arbeitskräfte wurden also nicht ersetzt, sondern gewannen mehr Zeit für die Recherche von tiefergehenden Texten.

 

Lkw beladen und Tumore erkennen

Mittlerweile ist KI in der Lage, viele weitere Aufgaben zu übernehmen. Darum sorgen sich nicht nur Angestellte von Redaktionen, sondern auch aus weiteren Branchen. KI wird in den nächsten Jahren viel verändern – von der Logistik bis zum Krankenhaus-Betrieb. In Logistiklagern sind schon unzählige Roboter im Einsatz, die Pakete packen und Lkw beladen. Ärzte können ebenfalls von KI profitieren, indem sie beispielsweise Tumore früher erkennen und präzisere Behandlungen durchführen.

Besonders seit dem Aufkommen von Chat GPT werden Potenziale der KI einem breiteren Publikum bekannt. 100 Millionen Menschen in der Welt nutzen die App schon. Und mit der neuen, kostenpflichtigen Version GPT-4 können noch komplexere Aufgaben bearbeitet werden. Andere Tech-Giganten, wie Google und Microsoft, investieren ebenfalls in Forschung zur KI.

 

Zur Lage in Deutschland

KI spielt eine wichtige Rolle, um große Datenmengen mit Hilfe von Algorithmen schnell zu verarbeiten und Entscheidungen zu treffen. Außerdem bietet sie viele Vorteile, etwa in der engeren Kommunikation mit Kundinnen und Kunden über Chatbots. Weitere Einsatzmöglichkeiten liegen in der Cybersicherheit und im Betrugsmanagement, wie Forbes Advisor berichtet.

Zahlreiche Studien zeigen den vergleichsweise langsamen Vormarsch von KI in deutschen Unternehmen. Eingesetzt werden KI-basierte Systeme schon von zwölf Prozent der Unternehmen in Deutschland, wie eine Umfrage des Statistischen Bundesamts ergab. Derartige Systeme werden der Studie zufolge vor allem in der Buchführung, im Controlling oder der Finanzverwaltung genutzt (25 Prozent der befragten Unternehmen). Danach kommt die Anwendung in der IT-Sicherheit (24 Prozent), in Produktions- oder Dienstleistungsprozessen (22 Prozent) und in der Organisation von Unternehmensverwaltung oder Management (20 Prozent).

Besonders große Unternehmen setzten bereits auf Künstliche Intelligenz. Jedes dritte nutzt diese Technologie schon (35 Prozent), während der Anteil an KI in kleinen und mittleren Unternehmen erst zwischen 10 und 16 Prozent liegt.

 

Bedenken wegen Datenschutz

Doch manche Unternehmen ziehen es vor, sich langsam mit der Einführung von KI im Alltag auseinanderzusetzen ­– oder überhaupt nicht. Das zeigt die folgende Umfrage des Statistischen Bundesamts: Nur eins von zehn deutschen Unternehmen, die noch gar keine KI nutzen, hat die Absicht, dies in Zukunft doch zu tun. Als Grund dafür nennen 72 Prozent fehlendes Wissen. Hinzu kommen Bedenken wegen Datenschutz und Privatsphäre (48 Prozent).

Dies zeigt: Besonders in Deutschland sind Unternehmen sehr vorsichtig, wenn es um den Datenschutz geht. Allerdings verspricht Chat-GPT mit der neuen Version 4 mehr Sicherheit. Angeblich werden Unternehmensdaten nicht für das Training von Algorithmen verwendet. Um den Umgang mit KI sicherer zu machen und ihre Entwicklung und Auswirkungen zu regulieren, haben sich das Europäische Parlament und der Europäische Rat vor Kurzem auf einen Gesetzesentwurf geeinigt, den sogenannten AI Act.

 

Eigene Chatbots als Alternative nutzen

Darüber hinaus entwickeln und nutzen einige deutsche Unternehmen bereits eigene Chatbots, basierend auf bestehenden KI-Systemen, wie Otto und dm. Der Vorteil: die Unternehmensdaten werden geschützt, da die Software auf dem eigenen Server läuft.

Außerdem gibt es interessante Initiativen, die eine selbstständige Entwicklung in Deutschland fördern. Ein Beispiel ist das Technologie-Netzwerk OWL, in dem Lösungen für über 200 Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Organisationen in Ostwestfalen-Lippe entwickelt werden.

Unternehmen, egal ob kleine, mittlere oder größere, sollten sich auf jeden Fall mit Künstlicher Intelligenz auseinandersetzen. Wie lange können sie mit dem Einsatz warten, während vielleicht schon viele der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die App von Chat-GPT privat nutzen? Die Veränderungen in der Wirtschaft kommen schnell. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ist davon überzeugt, dass spätestens bis 2035 bei allen deutschen Arbeitsstellen KI in irgendeiner Form eingebunden wird. Fakt ist: Wer KI nicht in seine Routine integriert, wird mit ziemlicher Sicherheit zurückbleiben und gegen die Konkurrenz verlieren.

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