Ich stehe mit meinen Füßen im Sand. Vor mir rauschen die Wellen, die Sonne scheint hell am blauen Himmel und spiegelt sich auf dem Wasser. Wenn ich den Kopf drehe und nach rechts oder links schaue, sehe ich den endlosen Strand. Drehe ich mich um, erblicke ich die Dünen. Dahinter kann ich den Pinienwald erahnen. Alles fühlt sich sehr real an, so als wäre ich wirklich im Sommerurlaub. Wenn ich mich dann nicht darauf besinne, dass ich gerade eine VR-Brille mit passendem Kopfhörer aufgesetzt habe, eigentlich in einem ganz normalen unspektakulärem Raum stehe und mir meine Augen und Ohren dieses schöne Szenario nur vorgaukeln, kann ich ganz schnell in diese Welt abtauchen und die Realität „vergessen“. Meine Sinne spielen mir sogar vor, die wärmenden Sonnenstrahlen zu spüren – das also ist „diese“ virtuelle Realität! So geht es wahrscheinlich vielen, die zum ersten Mal eine VR-Brille aufsetzen.
Inszenierung neuer Realitäten
Wieso inszenieren wir eigentlich eine neue Form der Realität? Wir haben doch schon eine Realität, in der wir uns täglich bewegen, und diese „analoge Welt“ hat auch Jahrtausende ausgereicht. Doch die Kombination von AR und VR mit unserer realen Realität reizt und eröffnet uns unzählige Möglichkeiten.
Um AR und VR zu erleben, müssen wir nicht gleich in eine vollkommen animierte und programmierte Computerwelt eintauchen. Augmented Reality reichert die reale Welt mit virtuellen Inhalten an. Das, was wir gerade sehen, wird von zusätzlichen Informationen, wie Texten, Grafiken, Animationen, Videos oder bewegten 3D-Objekten ergänzt. Um diese Informationen wahrnehmen zu können, benötigen wir beispielsweise nur unser Smartphone. So kann eine Statue, die mit der Smartphonekamera gescannt wird, zum Leben erweckt werden. Das bekannteste Beispiel ist wohl immer noch „Pokémon Go!“. Das Spiel beinhaltet virtuelle Objekte, in dem Fall Pokémons, die mit dem entsprechenden Smartphone überall auf der Welt auf Straßen, in Parks oder vor Einkaufscentren – eigentlich an allen öffentlich zugänglichen Orten – eingesammelt werden können. Benötigt wird nur die dazugehörige App und schon können die virtuellen Pokémons mit der Handykamera in der realen Umgebung eingefangen und im Spiel genutzt werden. In der Virtual Reality geht es darum, voll und ganz in die virtuelle Welt einzutauchen. Das, was ich durch die VR-Brille „am Strand“ erlebt habe, die Möglichkeit eine 360°-Welt zu erleben, von allen Seiten zu betrachten, mich in ihr zu bewegen, idealerweise sogar mit ihr zu interagieren und die reale Umwelt nicht mehr wahrzunehmen – das ist VR.
AR und VR ist mehr als nur eine Spielerei
Im Moment wird noch viel mit AR und VR experimentiert. Beides ist in vielen Bereichen anwendbar. In der Tourismusbranche kann die Stadtführung durch AR ergänzt werden. So ploppen beispielsweise über das Smartphone an Sehenswürdigkeiten interessante und weiterführende Informationen dazu auf. Oder der Urlaubsanbieter beamt seine Kunden direkt an den gewünschten Strand, um ihnen die Entscheidung zu vereinfachen. Der Immobilienmakler lässt seine Objekte lebhaft werden, Kunden können sich die Immobilien aus dem Büro heraus ansehen. Genauso wird VR in der Industrie immer wichtiger: Simulationen für Ausbildungs- und Trainingszwecke, die virtuelle Vorstellung von neuen Produkten und Events auf Messen oder die Entwicklung von Prototypen im virtuellen Raum sparen auf lange Sicht Ressourcen und Kosten. Wie wäre es außerdem bei Problemen an Maschinen sofort Hilfe zu erhalten, ohne dass der Mechaniker erst vorbeikommen muss? Der Techniker setzt einfach seine VR-Brille auf und kann Hilfestellungen geben.
Arvato SCM Solutions hat in Zusammenarbeit mit dem Technologieanbieter Picavi das Innovationsprojekt „Pick-by-Vision“ für Sennheiser erfolgreich gestartet und setzt damit auf virtuelle Innovationen in der Logistik. Die Mitarbeiter nutzen eine Datenbrille in Verbindung mit einem Ringscanner in der Kommissionierung. Wenn die Datenbrille aufgesetzt wird, werden alle relevanten Informationen, beispielsweise Menge, Lagerplatz und -Position, auf dem Display der Brille angezeigt. Noch weiter geht das Konzept für den Automobil After Sales der Zukunft, das Arvato SCM Solutions gemeinsam mit dem Engineering-Partner IAV entwickelt. Der „Digitale Service Assistent“ (DiSA) stellt die intelligente Verknüpfung von Diagnose- und Reparaturdaten von Automobilen und die automatisierte digitale Kommunikation im Reparaturprozess selbst und mit dem Fahrzeugnutzer über das Smartphone in den Vordergrund. Im Reparaturprozess kommt eine AR-Brille zum Einsatz, die versteckte und möglicherweise beschädigte Bauteile sichtbar macht, Teilinformationen anzeigt, Animationen zur Montage einblendet und somit die Reparatur beschleunigt.
AR und VR eignen sich aber nicht nur, um Arbeitsinformationen zu transportieren. Auch der emotionale Wert spielt eine große Rolle. So können das Marketing und die Kommunikation ebenfalls davon profitieren. Wir können in die Unternehmensstory im wahrsten Sinne des Wortes eintauchen. Die Botschaft ist dann nicht mehr nur „tell me“, sondern „show me“. Aus Storytelling wird Storyliving!
Die Zukunft ist vielversprechend
Der Hype um VR besteht jetzt schon seit mehreren Jahren und fasziniert uns immer wieder aufs Neue. Der Realitätsverlust auf Zeit – immer dann, wenn wir die VR-Brillen tragen und in virtuelle Welten eintauchen – wird eben doch eher als eine Realitätserweiterung beschrieben, eröffnet viele neue Möglichkeiten und wird wohl auch nicht mehr von der Bildfläche verschwinden. Das immersive Erlebnis bietet bei richtiger Programmierung und Konzeption großes Potenzial. Aber eine Welt, in der AR und VR dominieren, in der dann sogar keine zusätzlichen Hilfsmittel zum Erleben von VR mehr benötigt werden, liegt definitiv noch in der Zukunft.
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